Ende der 90-er Jahre fand im Erdölsektor eine digitale Revolution statt. Das Ergebnis: Einsparungen weltweit von jährlich 200 Milliarden US-Dollar. Was war der Schlüssel zum Erfolg? Chris Henn, der diese Revolution miterlebt hat, teilt seine Erfahrungen und benennt die Parallelen zur digitalen Transformation in der Baubranche.
Die Auslöser für die digitale Transformation
Die BIM-Revolution geht wie ein Feuer durch die Baubranche. Mit gemeinsamer Sicht auf integrierte Daten soll eine effizientere Zusammenarbeit zwischen Fachexperten möglich werden. Mit fast identischer Motivation hat sich vor 20 Jahren die Erdölindustrie transformiert. Die damals vorliegende Aufgabe: Ein interdisziplinäres Expertenteam sollte im Explorationsprozess entscheiden, an welchen Stellen nach Öl oder Gas gebohrt wird.
Visualisierungen waren bereits vor der Transformation der Erdölindustrie ein essentielles Werkzeug. Es wurden 3D-Modelle und ihre Metadaten gesammelt, integriert und geteilt. Dennoch lag die Trefferquote nach jeweils sechsmonatiger Datenanalyse bei nur einem Erfolg zu zehn Fehlbohrungen. Man bedenke: Jede Bohrung kostete damals, ob erfolgreich oder nicht, rund 10 Millionen US-Dollar.
Die Lösung: Immersion als Gruppenerfahrung
Es brauchte die Vision eines Texaners, Michael Zeitlen, Chef des 3D-Visualisierungsteams bei Texaco in Houston, um die Effizienz der gesamten Industrie auf ein anderes Level zu heben. Seine Lösung: Statt alle Spezialisten mit visuellen Informationen nacheinander am eigenen Bildschirm zu bedienen, baute er einen immersiven Raum, bei dem 3D-Inhalte grossflächig auf Wände projiziert wurden. Nun konnte das ganze Team 3D-Visualisierung in Echtzeit als «gemeinsame Sprache» nutzen und zeitgleich mit allen vorhandenen Informationen interagieren.
Obwohl die Daten die gleichen waren, war der Effekt ein völlig anderer: Immersion als Gruppenerfahrung – ohne Virtual-Reality-Brillen – setzte auf einmal den Menschen ins Zentrum der digitalen Revolution. Das Phänomen dahinter? Diese Art von Gruppenimmersion weckt kommunikative Urinstinkte. Durch die subjektive Wahrnehmung kommen die Stärken des menschlichen Verstandes beim Interpretieren bewegter, visueller Informationen voll zur Geltung. Vielleicht haben Sie es schon selbst erlebt: Die 3D-Darstellung eines Bauwerks als lebensgrosses, begehbares, interaktives und grossflächig projiziertes Modell wirkt verständlicher und nachhaltiger, als die gleiche 3D-Szene als statisches Rendering auf einem Bildschirm.
Diese scheinbar banale Erkenntnis von Zeitlen löste einen industrieweiten Umbruch bei der Gestaltung interdisziplinärer Planungsprozesse aus. Entscheidungszyklen wurden in kürzester Zeit von Monaten auf Stunden reduziert. Gleichzeitig verbesserte sich die Entscheidungsqualität – gemessen über die gesamte Erdölindustrie hinweg – um 400%. Drei Jahre nach seiner Erkenntnis gab es in der gesamten Branche mehrere hundert immersive Meetingräume. Der Rest ist Geschichte.
Immersive Kollaboration für BIM in der Bauwirtschaft
Welche Schlüsse lassen sich daraus für die Baubranche ziehen? Wer interdisziplinäre Daten sammelt, integriert und teilt, bewegt sich in die richtige Richtung. Mit immersiver Kollaboration wie damals in der Erdölindustrie setzen wir zusätzlich den Menschen ins Zentrum der Entscheidungsprozesse und realisieren so das volle Potential der aktuellen BIM-Revolution.
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