Mit Building Information Modelling (BIM) ist die Digitalisierung in der Wertschöpfungskette Planen, Bauen und Betreiben auch in Europa angekommen – vermutlich schneller und mit weitreichenderen Auswirkungen als von vielen noch vor wenigen Monaten vorhergesehen. Die Diskussionen sind vielfältig und kontrovers – wo stehen wir, wer profitiert, wer bezahlt, wo fängt man an und wie funktioniert das eigentlich mit der Honorarordnung?
In den vergangenen Jahren hat sich enorm viel getan in Europa. Während man letztes Jahr in vielen Gesprächen noch der Auffassung begegnet ist, BIM sei eine Software, ein 3D Modell oder ein System, hat sich inzwischen die Bezeichnung Prozess oder Methode deutlich durchgesetzt. Wenn man aber in Gesprächen über BIM etwas tiefer gräbt, fokussiert sich die Unterhaltung doch häufig schnell wieder auf ein 3D Modell, in welchem vordefinierte Objekte mit Informationen verknüpft werden können. Das ist gut, aber es reicht nicht.
Wenn wir uns mit 3D, 4D und 5D als Prozesse der Planung und den damit zu erreichenden Vorteilen zufriedengeben, verpassen wir eine Riesenchance. Digitale Technologien und entsprechend angepasste Prozesse ermöglichen uns ein ganz neues Verständnis unserer bebauten Umwelt sowie der Wechselwirkungen zwischen Bauwerken und Menschen.
Wir verfügen heute über eine noch nie dagewesene Menge und Quellen von Daten – aus der Planung, dem Bau, den Betreibersystemen, Produkt- und Materialherstellern, aber auch Sensoren, Kameras, Mobiltelefonen und sogenannten «Wearables». Wir können damit Daten von Bauwerken und Nutzern in ganz anderen Zusammenhängen analysieren und Erkenntnisse gewinnen, die in die Planung einer neuen Generation von Bauwerken im Sinne eines «Feedback Loops» einfliessen sollten.
Andere Industrien, wie beispielsweise die Luftfahrt, arbeiten schon lange auf diese Weise. Aber wenn ein Gebäude schlecht geplant oder ausgeführt ist, stürzt es eben nicht ab wie ein Flugzeug. Es führt «nur» zu Ärgernissen wie Nachbesserungen oder Umbauten, hohen Betriebskosten, Umweltbelastungen, ungünstigem Raumklima und schlechter Akustik – mit negativen Folgewirkungen auf Produktivität, Gesundheit und Wirtschaftlichkeit.
Jetzt können wir natürlich nicht alle zu Visionären werden und darüber unser Tagesgeschäft vergessen. Aber wir sollten das «Bigger Picture» nicht total ausser Acht lassen. Wir müssen BIM so einführen, dass jeder Teil der Lieferkette von Materialhersteller über Handwerker, Architekt, Planer, Bauherr, Betreiber und Nutzer einen Mehrwert daraus ziehen kann. Das ist eine Herausforderung, aber machbar. Und ein paar mehr Visionäre dürften es schon sein.