Seit dreissig Jahren bieten Erdwärmesonden und Wärmepumpen eine interessante Alternative zu Erdöl, um Häuser zu beheizen. Die Schweiz ist Spitzenreiter bei der Umsetzung. Doch heute stagniert die Anzahl verkaufter Erdwärmesonden erstmals. Grund dafür ist, dass sich Erdwärmesonden in Städten gegenseitig die Wärme entziehen. Was nun?
Dank Erdwärmesonden und Wärmepumpen ist es möglich, die Wärme direkt aus dem Untergrund in die Häuser zu leiten. Nur in dicht besiedelten Gebieten funktioniert das nicht, weil sich Erdwärmesonden gegenseitig die Wärme entziehen und das Gestein langfristig abkühlen. Als Folge müssen betroffene Erdwärmesonden regeneriert werden. Im einfachen Fall kühlt man dazu im Sommer das Haus, indem die überschüssige Wärme in die Sonde hinunter geleitet wird. Das ist genial einfach, aber leider nicht sehr wirkungsvoll. Am effizientesten lässt sich die Regeneration mit Sonnenkollektoren auf dem Hausdach erreichen (mehr dazu hier). Ein Einfamilienhaus benötigt nur wenige Quadratmeter. In dicht bebauten Städten wird die notwendige Sonnenkollektorfläche aber zu gross. Daher sind bessere Lösungen zu suchen.
Es lässt sich folgendes erstes Fazit ziehen:
- Für ein alleinstehendes Haus genügt eine einfache Erdwärmesonde.
- In locker überbauten Einfamilienhausquartieren sollten Erdwärmesonden aktiv mit Sonnenkollektoren regeneriert werden.
- Für dicht besiedelte Gebiete eignen sich Erdwärmesonden nicht. Falls dort aber Fluss- oder Seewasser zur Verfügung steht, lässt sich ein Tieftemperatur-Fernwärmenetz errichten. Dabei werden die Häuser mit Wasser/Wasser-Wärmepumpen beheizt.
Saisonale Erdwärmespeicher für Areale und Quartiere
Erdwärmesonden können Energie nicht nur gewinnen, sie können sie auch für die Nutzung zu einem späteren Zeitpunkt speichern. Dabei wird das Gestein erwärmt, indem über einen gewissen Zeitraum mehr Wärme in den Untergrund eingeleitet als entzogen wird. In diesem Fall gilt: Je dichter die Erdwärmesonden verlegt werden, desto effizienter wird der Erdspeicher. Er erreicht Wirkungsgrade bis zu 70%. In der Schweiz gibt es bereits mehrere solcher Anlagen. Auf dem Campus Hönggerberg der ETH Zürich speichern 425 Erdwärmesonden 200 Meter tief die Abwärme von Servern und Laborgeräten (mehr dazu hier). Dieses Konzept der saisonalen Speicherung mit Erdwärmesondenfeldern eignet sich optimal zur Beheizung von neu zu überbauenden Arealen.
Das Pariser Becken lebt uns seit vielen Jahren vor, wie man bestehende Quartiere von Öl oder Gas unabhängig macht. Geothermisch warmes Wasser wird aus einer reichlich wasserführenden Schicht abgesaugt und durch einen Wärmetauscher geleitet. Damit lässt sich ein Fernwärmenetz aufheizen. Am Ende wird das abgekühlte Wasser wieder in den Untergrund zurückgepumpt, wo es sich erneut erwärmt.
Auch oberflächennahe Schichten eignen sich unter bestimmten Bedingungen als saisonale Erdwärmespeicher mit moderaten Temperaturen (maximal 50 bis 70° Celsius). Als Lieferant für die Wärme kommt die Abwärme von Industrie- und Kehrichtverbrennungsanlagen oder in Zukunft hoffentlich auch von petrothermalen Geothermie-Kraftwerken in Frage. In den Niederlanden sind bereits 2500 solcher Erdwärmespeicher im 20 bis 300 Meter tiefen Untergrund installiert worden. Für die Beheizung der Häuser werden Wärmepumpen eingesetzt.
Der Kanton Genf ist überzeugt, dass sich sein Molassebecken ebenfalls eignet, um Erdwärmespeicher zu kreieren und geothermisch warmes Wasser zu fördern. Für die Planung und Umsetzung wurde das Projekt GEothermie2020 ins Leben gerufen. Im Rahmen dessen engagiert sich das Kompetenzzentrum SCCER-SoE zusammen mit der Universität Genf bei der geologischen Analyse und Simulation, um geeignete Standorte zu identifizieren.
Damit sind wir beim zweiten Fazit angelangt:
- In dicht bebauten Städten sollte analysiert werden, ob sich oberflächennahe, wasserführende Schichten als Erdwärmespeicher eignen.
- Bei neu zu überbauenden Arealen sollten Erdwärmesondenfelder errichtet werden, um Energie saisonal zu speichern.
Aussichten
Das Heizen mit nicht erneuerbarem Öl oder Gas kann durch Erdwärme ersetzt werden. Wie so oft liegt die Lösung aber nicht in einer einzigen Technologie: Je nach Dichte der Bebauung und Art des Untergrundes werden unterschiedliche Systeme die Wärme für die Heizungen der Zukunft liefern.
In der Schweiz sollen in den nächsten Jahren neue Bohrungen zeigen, ob tieferliegende wasserführende Schichten genügend durchlässig sind, um heisses Thermalwasser ökonomisch zu nutzen wie zum Beispiel im Raum München (mehr dazu hier). Um optimale geologische Schichten für saisonale Erdwärmespeicher zu finden, werden bessere Kenntnisse über den wenig tiefen Untergrund helfen. Ausserdem sind im Kompetenzzentrum SCCER-SoE und in der Industrie Versuche geplant, um Erdwärmespeicher mit höheren Temperaturen im Gestein petrothermal, das heisst unabhängig von natürlich vorkommenden wasserführenden Schichten zu realisieren.
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Marco Pfister 27.04.2017, 14:07
Wie sieht's denn mit Hybridkollektoren als Lösung aus? http://www.2sol.ch/