Alle Herausforderungen bei der Energiespeicherung wären gelöst, könnten wir denselben Erfolg bei der Komprimierung von Energie generieren wie bei der Datenspeicherung, habe ich im ersten Teil dieser Kolumnenserie aufgezeigt. Aber leider steckt dahinter ein Denkfehler, denn die Speicherung von Informationen ist nicht vergleichbar mit der von realer Energie.
Im Gegensatz zu Materie lassen sich Daten, also Informationen über die Welt, im Computer als zweiwertige, binäre, Informationen ausdrücken, also dem Unterschied zwischen Loch oder Nicht-Loch, wie bei einer Lochkarte, bzw. verschiedenen Ladezuständen, wie bei einer modernen Solid-State-Festplatte (SSD). Mit der Entwicklung der Nanotechnik konnten die binären Informationen immer dichter verpackt und gleichzeitig trotzdem sicher geschrieben und gelesen werden. Auch in der Natur arbeiten die Zellen mit ähnlichen - hier vierwertigen - Konzepten hinsichtlich der minimalisierten Codierung von Informationen bei der DNA und der RNA. Für das Wachstum von neuem Leben genügt das nicht: Es müssen Nährstoffe per Nabelschnur oder Sonnenlicht für die Photosynthese real zugeführt werden.
So kann auch Kälte oder Nässe für eine Simulation des Innenraumklimas mathematisch ausgedrückt werden. Der Computer wird dabei weder kalt noch nass. Gibt er dabei Wärme ab, dann liegt das am Widerstandsverhalten der elektronischen Bauelementen. Soll das simulierte Innenraumklima in die Realität übertragen, so muss das physikalische Medium real zugeführt werden. Eine mögliche Analogie kann bei einer Drehorgel beobachtet: Die Information zum Musikstück wird über Walzen, Lochkarten, Lochbänder oder heute über Microchips abgerufen: Die Arbeit der Kurbelbewegung der Drehorgelfrau lässt sich nicht aus dem digitalen Speicher ins Reale übertragen.
Auch beim Projekt «Energy Vault» in Castione bei Bellinzona wird mit cleveren Computer-Algorithmen die Speicherung und der Abruf von überschüssiger Elektrizität aus erneuerbaren Quellen disponiert und überwacht. Mit deren Hilfe schichtet ein 120 Meter hohen Kran 35 Tonnen schwere Betonelemente auf. Bei der zeitversetzten Stromnachfrage werden diese wieder nach unten gelassen und die dabei freiwerdende Energie als Elektrizität an Drittnutzer verkauft. Bei echter, nicht per Information simulierter physikalischer Energie, braucht es auch hier reale Speichermassen in Form von Betonklötzen, welche die gleiche Funktion haben wie Wasser bei einem Pumpspeicherwerk. Diese Massen lassen sich nicht so verdichten, wie es bei Datenspeichermedien in den letzten 60 Jahren möglich gewesen ist.
Auch wenn am Schluss reale und unverdichtbare Massen im Spiel sind, können vielversprechende Verfahren zur optimierten Energiespeicherung mittels Computersimulation auf ihre Erfolgschancen getestet werden.