19. April 2022
Lassen sich die Fortschritte bei der Speicherung von Daten auf die Energie transformieren?
Urs Wiederkehr
Leiter Fachbereich «Digitale Prozesse» beim SIA
CARTE BLANCHE

Im Computerwesen hat die Komprimierung der Speichermedien die Verfügbarkeit und damit die Nutzung von digitalen Instrumenten begünstigt. Ich hätte vor 50 Jahren 31 ISO-40-Fuss-Container voll von Lochkarten mitführen müssen, um den Speicher meines Smartphones abbilden zu können, ist im Swissbau Blog anfangs 2022 zu lesen. Bekanntlich ist die Produktion und der Verbrauch von Elektrizität aus erneuerbaren Quellen nicht synchron und erfordert eine entsprechende Zwischenspeicherung. Sind solche Quantensprünge auch bei der Energiespeicherung möglich? Die Antwort werde ich in einer 2-teiligen Serie suchen.

Stellen Sie sich vor, der Tank Ihres Autos hätte statt 40 Liter eine Kapazität von 52 Milliarden Liter, mit Ihrem eBike könnten Sie bei einer Ladung und gleichem Fahrstil statt 100 Kilometer plötzlich 1’300 Milliarden Kilometer hinter sich bringen oder das Energiespeichervermögen aller Schweizer Stauseen wäre statt 8’870 GWh plötzlich 115’310 Milliarden GWh gross. Sind das Phantasiezahlen? Zu Beginn dieses Artikels nicht, es sind Analogieschlüsse, zu welchen ich verleitet werde, wenn ich die Situation meines Smartphones übertrage: Die 64 GB Speicher haben heute auf einer rund fingernagelgrossen SD-Micro-Speicherkarte Platz, vor 55 Jahren wären das noch 31 ISO-40-Fuss-Container voll von Lochkarten gewesen, was einem Reduktionsfaktor von knapp 13 Milliarden entspricht.

Wie ein Mangelzustand überwunden wurde

Auch die zwischenzeitliche Umstellung auf Magnetbänder hat den Durchbruch noch nicht gebracht, denn für die 64 GB zu speichern sind über 21’000 Rollen mit Durchmesser 30 cm notwendig gewesen, pro 3 MB Daten eine. Diese teuren Speichermedien sind zielgerichtet eingesetzt worden. In einem Computer-Kurs, den mein Vater 1968 bei den SBB besucht hat, ist angeraten worden, nur signifikante Nullen zu speichern. Neben dem Schweizer Fernsehen haben damals auch BBC und ORF aus Kostengründen beschlossen, Bänder mit aufgezeichneten TV-Sendungen zu überspielen. So sind wertvolle Sendungen, die zum Kulturgut gehörten, gelöscht worden, z.B. die Bänder zur ersten Mondlandung 1969. Heute ist bei Speichermedien kein Mangelzustand mehr festzustellen. Kann sich das in gleicher Weise bei der Energiespeicherung wiederholen?

Übertragung von der Datenspeicherung ins Energiewesen

Persönlich wäre ich zufrieden, man könnte ein Tausendstel Promille des Erfolgs bei der Datenspeicherung ins Energiewesen übertragen. Das ist immer noch Welten besser als heute. Sie können, um diesen Erfolg zu quantifizieren, im ersten Abschnitt «Milliarden» durch «Tausend» ersetzen. Auch wäre es kein Problem für die Entwicklung Risiko-Kapital aufzutreiben, denn die Aussicht, nur einmal im Leben laden zu müssen, müsste Ansporn genug sein für diese Investition. Wo bei diesen Überlegungen der Denkfehler passiert und warum dieser Analogieschluss nicht funktioniert, erfahren Sie in der Fortsetzung.

Fotocredit: ETH-Bibliothek Zurich, Image Archive

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